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Durchgangsheime

Durchgangsheim Kaßberg Karl-Marx-Stadt (Chemnitz)

Durchgangsheime waren Sammeleinrichtungen für Kinder und Jugendliche, in denen sie untergebracht wurden, bis über ihren weiteren Aufenthalt entschieden war. Für viele Kinder und Jugendliche war die erste Begegnung mit dem DDR-Heimsystem in einem Durchgangsheim eine tief schockierende Erfahrung. Deshalb sind diese Heime hier aufgenommen. Sie stellten geschlossene Einrichtungen mit gefängnisartigen Sicherheitsvorkehrungen dar. Minderjährige ab dem Alter von 3 Jahren wurden dort zusammen untergebracht, ohne dass nach Alter oder Aufenthaltsgrund unterschieden wurde.

Wegen der schlechten Ausstattung spricht der Forscher Christian Sachse von den Durchgangsheimen als „Stiefkindern“ des DDR-Heimsystems. [Quelle]zitiert nach Christian Sachse: Ziel Umerziehung. Spezialheime der DDR-Jugendhilfe 1945–1989 in Sachsen, Leipzig 2013, S. 95.
Die DDR-Behörden selbst kritisierten, dass die Heime nur „Aufbewahrungsanstalten“ darstellten. [Quelle]zitiert nach Christian Sachse: Ziel Umerziehung. Spezialheime der DDR-Jugendhilfe 1945–1989 in Sachsen, Leipzig 2013, S. 102.

Die Kinder und Jugendlichen gelangten aus sozialen, politischen und verwaltungstechnischen Gründen in die Durchgangsheime: Sie waren beispielsweise aufgegriffen worden oder ihre Eltern waren aus der DDR geflüchtet; sie warteten auf eine Entscheidung der Jugendhilfe oder waren nach der Verbüßung ihrer Haftstrafe bis zum Transport in einen Jugendwerkhof in dem Heim festgesetzt. An die Durchgangsheime schlossen sich verschiedene Wege an: in ein Normal- oder ein Spezialheim, zurück zu den Eltern, in das Aufnahme- und Beobachtungsheim, in einigen Fällen auch in U-Haft. Der Aufenthalt in einem Durchgangsheim sollte nach den Vorschriften höchstens 18 Tage betragen, in der Realität dauerte er oft mehrere Monate.

 

Die Türen in den Durchgangsheimen waren abgeschlossen, der Zutritt erfolgte über Schleusen wie im Gefängnis, es gab ständige Kontrollgänge der Erzieher, in manchen Heimen mit Wachhunden. Nachts wurden die Kinder und Jugendlichen in den Schlafsälen eingeschlossen, die Fenster der Säle waren vergittert, die Türen waren Zellentüren mit Spionen. Bei der Einlieferung mussten die Heimkinder alle persönlichen Gegenstände abgeben. Jedes Durchgangsheim war aufgefordert, mindestens vier sogenannte Isolierzimmer einzurichten, die mit Türspion und vergitterten Fenstern und ohne Lichtschalter ausgestattet waren.

Während des Aufenthaltes durften die Kinder und Jugendlichen keine Schule außerhalb des Heims besuchen. Ohne Rücksicht auf ihr Alter wurden sie in einer Gruppe zusammengefasst und erhielten reduzierten Unterricht in einigen Kernfächern, darunter in Staatsbürgerkunde. Gleichzeitig wurden sie zur Arbeit in den Heimen herangezogen. Jugendliche ab dem Alter von 14 Jahren mussten ab dem zweiten Tag des Aufenthalts in umliegenden Betrieben arbeiten. Im Jahr 1985 existierten laut Christian Sachse 15 Durchgangsheime mit 480 Plätzen in der DDR, eines in jedem Bezirk. [Quelle]Christian Sachse: Ziel Umerziehung. Spezialheime der DDR-Jugendhilfe 1945–1989 in Sachsen, Leipzig 2013, S. 247.
1987 wurden die Durchgangsheime aufgelöst bzw. in Aufnahmeabteilungen umgewandelt. Nach Angaben der Erziehungswissenschaftlerin Anke Dreier-Horning waren zwischen 1949 und 1989 insgesamt 350.000 bis 400.000 Kinder und Jugendliche zeitweise in den Durchgangseinrichtungen der DDR-Jugendhilfe untergebracht. [Quelle]Anke Dreier-Horning: Pädagogisches Niemandsland. Die Durchgangseinrichtungen der ehemaligen Nordbezirke der DDR von 1949 bis 1989, Schwerin 2015, S. 9.

Durchgangsheim Demmin

Unter den Heimkindern hieß das Durchgangsheim in Demmin „Klein-Torgau“, in Anspielung auf den Geschlossenen Jugendwerkhof, so schlimm waren die Lebensbedingungen in dem Heim. Es bestand bis zum 1. September 1987 und verfügte über etwa 35 Plätze für Mädchen und Jungen vom Vorschul- bis zum Jugendalter. Wie es gängige Praxis in den Durchgangsheimen war, mussten auch hier viele Kinder und Jugendliche länger als die rechtlich erlaubten 18 Tage bleiben. In keinem Fall lag dafür die notwendige Sondergenehmigung vor.

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Durchgangsheim Alt-Stralau

Auch das Durchgangsheim in Alt-Stralau bei Berlin war nicht mehr als eine gefängnisartige Aufbewahrstelle. Obwohl das Gesetz es nicht zuließ, waren die Kinder und Jugendlichen oft mehrere Monate, manche bis zu einem halben Jahr, in Alt-Stralau untergebracht. Der Alltag war monoton. Die Erzieher setzten Prügel und Strafen ein, wenn die Heimkinder sich widersetzten oder die Arbeitsleistung als ungenügend angesehen wurde. Auch Kinder unter 14 Jahren mussten arbeiten.

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