Zeitzeugen gesucht

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Geschlossener

Jugendwerkhof Torgau

Geschlossener Jugendwerkhof Torgau
Eine geschlossene Heimeinrichtung war schon lange gefordert worden – nach dem Machtantritt von Margot Honecker als Ministerin für Volksbildung wurde der Geschlossene Jugendwerkhof in Torgau 1964 schließlich eingerichtet. Den Willen der Jugendlichen zu brechen, war seine wichtigste Aufgabe. Er entstand in dem Gebäude eines ehemaligen Jugendgefängnisses und war im Äußeren wie im Inneren ein Gefängnis geblieben. So war die hohe Umzäunung erhalten, ebenso die vergitterten Fenster und die weiteren furchteinflößenden Vorkehrungen, um Fluchten zu verhindern.
Er war das einzige Heim in der DDR, das offiziell als geschlossen bezeichnet wurde, und unterstand dem Ministerium für Volksbildung direkt. „Geschlossen“ bedeutete dabei vor allem fluchtsicher, denn als geschlossene Einrichtungen lassen sich alle Jugendwerkhöfe bezeichnen, berücksichtigt man die harten Strafen, die eine Flucht nach sich zog.
In den Geschlossenen Jugendwerkhof wurden Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahren eingewiesen. Die meisten von ihnen gelangten aus den Spezialheimen nach Torgau und sollten dort mit scharfen Methoden diszipliniert werden. Sie hatten in vielen Fällen – etliche schon mehrfach – versucht, aus dem Spezialheim zu fliehen, hatten die geforderte Arbeitsleistung nicht erbracht, sich den Anweisungen widersetzt oder Kritik an der DDR geäußert. Der Direktor des Geschlossenen Jugendwerkhofs nannte dieses Verhalten „gesellschaftswidrig“ – und das sollte den Jugendlichen mit Gewalt ausgetrieben werden.
Nach der Ankunft in Torgau wurden den Jugendlichen die Haare geschoren, sie mussten all ihre persönliche Habe abgeben und die Heimkluft anlegen. Anschließend wurden sie drei Tage in einer Isolierzelle eingesperrt.
Kamen sie zum zweiten oder dritten Mal nach Torgau, verlängerte sich diese Zeit, die man als Haft bezeichnen muss, auf zwölf Tage. Der Alltag in Torgau war von ständiger Überwachung, Schikanen, andauerndem Zwang und körperlicher Gewalt gekennzeichnet. Diese Methoden sollten die Jugendlichen dazu bringen, sich selbst aufzugeben und sich komplett unterzuordnen. Der Alltag unterlag einem strikten Zeitplan, alles musste kollektiv erledigt werden, selbst der Gang auf die Toilette. Auf der sogenannten Sturmbahn hatten die Jugendlichen Sportübungen bis zur völligen Erschöpfung zu absolvieren. Arreststrafen mussten sie teilweise in Dunkelzellen verbringen oder in einem kleinen Raum, den die Jugendlichen als Fuchsbau bezeichneten. Sie mussten sich darin zusammenkrümmen.
Der Geschlossene Jugendwerkhof hatte 60 Plätze, davon 20 für Mädchen. Insgesamt 4.046 Jugendliche durchliefen diese „Endstation“ des DDR-Heimsystems in der Zeit ihres Bestehens.

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