Zeitzeugen gesucht

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Kombinat der

Sonderheime

Sonderheim Werftpfuhl
Das „Kombinat der Sonderheime für Psychodiagnostik und pädagogisch-psychologische Therapie“ entstand 1964. In die vier geschlossenen Heime des „Kombinats“ – Kombinat war der Name für einen konzernartigen Großbetrieb in der Planwirtschaft der DDR – gelangten Kinder und Jugendliche im Alter von 6 bis 18 Jahren, die als stark verhaltensgestört bezeichnet wurden. In der Realität wurden vor allem Kinder eingewiesen, deren Verhalten in den Spezialkinderheimen zu stark störte, nicht zuletzt weil sie unruhig, eigenwillig oder unangepasst waren.
Eine spezielle Förderung der Kinder und Jugendlichen fand in den Sonderheimen nur ansatzweise statt. Im Vordergrund stand auch hier die Erziehung zur „sozialistischen Persönlichkeit“ mittels Disziplin und straffem Tagesablauf. In vielen Fällen wurden die Heimkinder mit Psychopharmaka ruhiggestellt.
Die Gründung des „Kombinats der Sonderheime“ 1964 war eine Reaktion auf die offizielle Feststellung, dass in den Spezialheimen erhebliche Missstände in der Erziehung und der Ausstattung herrschten. Durch die Sonderheime sollten die Spezialheime von den vermeintlich schwierigsten Kindern und Jugendlichen, die den Ablauf behinderten, entlastet werden.
Zum „Kombinat“ gehörten vier Heime, die alle in der Nähe von Berlin lagen: Werftpfuhl, Bollersdorf, Groß Köris und Borgsdorf. Die Direktion und die Aufnahmeabteilung befanden sich in Berlin-Niederschönweide. In der geschlossenen Aufnahmeabteilung blieben die Kinder und Jugendlichen zunächst für vier bis sechs Wochen zur Beobachtung, anschließend wurden sie in eines der vier Heime verlegt oder in ein Spezialheim zurückgeschickt. Die Lebensbedingungen der Kinder in der Aufnahmeabteilung waren schlecht: Es herrschten ein straffer Tageablauf und ein autoritärer Führungsstil, die Kinder lebten in stark beengten Verhältnissen und erhielten viele Medikamente, die Räumlichkeiten waren vollkommen unzweckmäßig, das Gebäude hatte erhebliche Schäden.

Die Heime unterschieden sich nach Altersgruppen und Schulangeboten. Die Einrichtung in Bollersdorf nahm Grundschüler auf, Werftpfuhl Schüler der vierten bis achten Klasse, Borgsdorf Grund- und Oberschüler und die sogenannten Hilfsschüler kamen nach Groß Köris. Die Heimkinder in den Sonderheimen wurden nur bis zur achten Klasse beschult.

In den Sonderheimen fanden sich fast nur Jungen, weil diese in den Herkunftsheimen eher als Mädchen durch aggressives Verhalten auffielen und in die Sonderheime verlegt wurden. Lediglich in Borgsdorf existierte bis in die 1970er Jahre hinein eine Mädchengruppe.
In den Sonderheimen sollte es Fachkräfte für spezielle Therapieangebote wie Physiotherapie, Logopädie und musikalisch-rhythmische Erziehung geben. Die Realität sah anders aus. Es fehlte vor allem an ausgebildetem Personal, aber auch an einer geeigneten Konzeption der Sonderheime. Die häufig wechselnden Mitarbeiter hatten kaum Praxiserfahrung. Der Alltag war wie in allen Spezialheimen von Zwang geprägt. Auch in den Sonderheimen gab es Arrestzellen.
Das „Kombinat“ war bis 1986 direkt dem Ministerium für Volksbildung unterstellt. Nach mehreren Überprüfungen durch das Ministerium mit schlechten Beurteilungen der fachlichen Arbeit wurde es aufgelöst. Die Sonderheime unterstanden ab 1987 den Bezirken Potsdam und Frankfurt-Oder, die Aufnahmeabteilung gliederte man in das neugegründete „Pädagogisch-Medizinische Zentrum“ (PMZ) in Berlin-Lichtenberg ein.
In den Heimen des „Kombinats“ waren etwa 350 Plätze verfügbar. Insgesamt durchliefen circa 2.500 Jugendliche die Sonderheime.

Sonderheim Werftpfuhl

Im Werftpfuhl nahe Berlin entstand 1959 das erste Heim in der DDR für Kinder, die als „schwer verhaltensgestört“ eingeschätzt wurden. Wegen der Überforderung des pädagogischen Personals sollten sie aus den Spezialheimen ausgesondert werden. Das Heim war der Vorläufer des späteren „Kombinats der Sonderheime für Psychodiagnostik und pädagogisch-psychologische Therapie“.

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