Zeitzeugen gesucht

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Spezialkinderheime

Spezialkinderheim Eilenburg
In die Spezialkinderheime wies die DDR-Jugendhilfe Schulkinder im Alter von sechs bis 14 Jahren ein, die sie als schwer erziehbar einstufte. In einigen Heimen blieben Jugendliche bis zum 16. Lebensjahr und schlossen dort die 10. Klasse ab. Seit Anfang der 1980er Jahre erhielten die Kinder in allen Spezialkinderheimen jedoch nur noch Unterricht bis zur 7. Klasse. Durchschnittlich zwei Jahre lebten die Kinder in diesen Heimen. Die Lage der Heime war meist isoliert. Die Heimkinder verließen das Gelände monatelang nicht, denn auch der Unterricht fand in der heimeigenen Schule statt.
Die Spezialkinderheime waren in solche für Hilfsschüler – in etwa vergleichbar mit Förderschülern – und solche für Schüler der Polytechnischen Oberschule unterteilt. Befand der Heimleiter am Ende des angeordneten Aufenthaltes, dass das Erziehungsziel noch nicht erreicht sei, dann konnte er den Aufenthalt ohne Rücksprache verlängern. Erreichte das Heimkind dabei das 14. Lebensjahr, wurde es in einen Jugendwerkhof überstellt.
Die meisten Kinder gelangten aus ihrem Elternhaus in ein Spezialkinderheim. Die Gründe für die Einweisung schlüsselte die DDR-Jugendhilfe Anfang der 1980er Jahre so auf: Ungefähr zwei Drittel der Kinder und Jugendlichen waren wegen „Disziplinschwierigkeiten“ im Elternhaus, in der Öffentlichkeit oder in der Schule aufgefallen. Als „Disziplinschwierigkeit“ galt bereits, wenn ein Kind vermeintlich unter dem “Zappelphilipp-Syndrom” litt, wenn ein Jugendlicher in der Öffentlichkeit westliche Kleidung trug oder wenn Eltern sich angesichts des pubertären Verhaltens ihres Kindes überfordert fühlten. Unangepasstes Verhalten in der Schule und häufiger Widerspruch gegen die Anordnungen des Lehrers zählten auch dazu. Etwa ein Drittel der Kinder kam wegen kleinerer Straftaten wie Sachbeschädigung, Diebstahl oder Einbruch in die Heime, wenn sie unter 14 Jahre alt und damit nicht strafmündig waren. Auch die Verhaftung der Eltern aus politischen Gründen – beispielsweise wegen ihres Versuchs, aus der DDR zu fliehen – konnte zur Einweisung des Kindes in ein Spezialkinderheim führen.
Zu den Delikten, die einer Heimeinweisung zugrunde liegen konnten, zählte auch das „Rowdytum“. Damit war im DDR-Strafgesetzbuch ein weit auslegbarer Tatbestand bezeichnet. Jugendliche oder Jugendcliquen wurden als „Rowdys“ angesehen, wenn sie sich unangepasst verhielten und damit gegen die Normen der sozialistischen Gesellschaft verstießen, wenn sie also beispielsweise Punks waren, wenn sie unerwünschte Musik hörten und ihren eigenen, als „westlich“ geltenden Kleidungsstil hatten. Zur Heimeinweisung führten diese als politisch angesehenen Gründe vor allem dann, wenn sie sich in den Augen der Jugendhilfe mit der „Ablehnung des Sozialismus“ oder der „Verherrlichung des Kapitalismus“ verbanden. Im Jahr 1986 existierten nach den Zahlen des Historikers Ralf Marten 38 Spezialkinderheime mit 3.440 Heimplätzen. Davon waren acht Heime mit 665 Plätzen für Schüler mit besonderem Förderbedarf vorgesehen

Spezialkinderheim Eilenburg

Auf dem Gelände in der Rödgener Landstraße in Eilenburg bestand bereits seit den 1950er Jahren ein Ensemble mehrerer Heime. Darunter befanden sich das Spezialkinderheim „Ernst Schneller“, das 1953 eingerichtet wurde, und ab 1954 ein dazugehöriger Jugendwerkhof. Mit einer kurzen Unterbrechung in den Jahren 1964/65 wurde das Spezialkinderheim bis 1990 genutzt. Ein weiteres Spezialkinderheim in Eilenburg namens „Ernst Thälmann“ lag in der Halleschen Straße und war für die damals so genannten Hilfsschüler vorgesehen.

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