Auf der Festung Königstein in Sachsen entstand 1949 einer der ersten Jugendwerkhöfe der DDR. Später kam ein Aufnahme- und Beobachtungsheim hinzu.
Ziel des Jugendwerkhof Königstein war es, straffällig gewordene, als schwer erziehbar geltende und politisch unbequeme Jugendliche zu „sozialistischen Persönlichkeiten“ umzuerziehen.
Die Festung Königstein hat eine lange Tradition als Gefangenenanstalt. Ähnlich wie andere Festungen in Europa wurde sie als Staatsgefängnis genutzt und diente auch der Unterbringung von Bau-, Militär- und Kriegsgefangenen.
Die ersten Jugendlichen, die in den Jugendwerkhof eingewiesen wurden, kamen aus dem Gefängnis Waldheim. Ihnen wurden Kriegsvergehen oder nationalsozialistische Verbrechen vorgeworfen. Justiz und Jugendfürsorge wollten diesen Jugendlichen statt der Gefängnishaft eine Berufsausbildung im Jugendwerkhof Königstein ermöglichen, um sie zu „sozialistischen Persönlichkeiten“ heranziehen bzw. umerziehen.
Die vom Ministerium für Volksbildung verordnete Vereinheitlichung der Jugendwerkhoferziehung änderte in den 1950ern die Situation auf Königstein. Orientiert war die Umerziehung der jungen Menschen nun an der Kollektiverziehung des sowjetischen Pädagogen A. S. Makarenko.
Die Jugendlichen waren zwischen 14 und 18 Jahre alt und wohnten zunächst in der Mannschaftsbaracke.1950 stieg ihre Zahl von 40 auf 100 an. 1953 lebten 160 Jungen und 40 Mädchen im Werkhof.
Auf Druck der Öffentlichkeit wurde der Jugendwerkhof im Frühjahr 1955 geschlossen und die Festung Königstein zum Museum erklärt. Grund für die Schließung des Jugendwerkhofs waren die schlechten Lebens- und Arbeitsbedingungen für die etwa 200 jungen Menschen. Selbst an höchster Stelle im Ministerium für Volksbildung wusste man davon.
Der bauliche Zustand der Einrichtung war marode. Mehrere Berichte zeigten weitere Missstände auf, so in Bezug auf die Ausbildung, die Schulbildung, die medizinische Versorgung, den Unfallschutz und die Verwaltung der Finanzmittel. Auch die Erziehungsarbeit wurde als mangelhaft eingeschätzt. Weniger als die Hälfte des Personals verfügte über eine angemessene Ausbildung oder über pädagogische Erfahrungen.
Der Alltag der Jugendlichen war von Verboten und Repressionen bestimmt. Zur Bestrafung konnten sie tagelang im Kellerverlies der Burg eingesperrt werden. Im Jahr 1953 berichtete das vom Gesamtdeutschen Ministerium der Bundesrepublik betriebene „Informationsbüro West“ über den Jugendwerkhof Königstein und verurteilte die Zustände dort.
Das Volksbildungsministerium gab mit der Schließung des Jugendwerkhofs nicht zuletzt den Interessen der Kommune nach, die Festung Königstein ausschließlich für touristische Zwecke weiter nutzen zu können.